Klaus Nordhorn: „Auch mal ein Risiko einzugehen gehört für mich als Unternehmer dazu.“
Herr Nordhorn, nächstes Jahr feiert das Ingenieurbüro Nordhorn sein 30-jähriges Bestehen. Was hat Sie damals bewogen, Ihr eigenes Ingenieurbüro zu gründen?
Die Entscheidung kam aus meinem tiefen Bedürfnis, unabhängig zu sein. Als ich Anfang der 90er für eine Anstellung nach Leipzig zog, wurde mir schnell klar, dass ich meinen eigenen Weg gehen wollte. Und das habe ich dann gemacht, mit gerade mal zweieinhalb Jahren Berufserfahrung – ohne einen einzigen Auftrag.
Das klingt nach einem mutigen Schritt …
Der aber auch von einer Menge Angst begleitet war. Ich habe tagelang die Gelben Seiten gewälzt, jedes Architekturbüro in Leipzig angefragt, ob sie einen Job haben. Nichts. Und irgendwann hat es dann doch geklappt und ich konnte schnell meinen ersten Mitarbeiter einstellen. Das war ein tolles Gefühl. Ich liebe es, auch mal ein Risiko einzugehen. Das gehört für mich als Unternehmer dazu. Auch auf die Gefahr hin, dass man scheitert.
Gab es Momente des Scheiterns?
Absolut, es gab natürlich auch Projekte, die wir nicht bekommen haben. Da arbeitest du und dein Team lange für einen Auftrag und am Ende fährst du das Ding nicht nach Hause. In diesen Momenten habe ich zu meinen Kindern im Auto gesagt: „An der Baustelle fahren wir nicht vorbei, wir nehmen einen anderen Weg.“ Rückblickend waren aber genau die Projekte, die wir nicht bekommen haben, immer wichtige Wendemarken. Die machen dich wieder demutsvoll und das ist wichtig.
Gibt es auch Projekte, für die Sie heute gerne nochmal den ein oder anderen Umweg fahren?
Da gibt es einige, beispielsweise die Revitalisierung einer alten Baumwollspinnerei, die ich ganz am Anfang noch aus Leipzig heraus akquiriert habe. Da bin ich mitten im tiefsten Winter mit meinem alten BWM auf Sommerreifen von Sachsen nach NRW zum Erstgespräch gefahren. Es war die pure Schlitterpartie und meine Frau sagte noch am Telefon: “Komm zurück, das bringt doch nichts.” Aber ich hab’ mir gesagt, ich mach’ das jetzt. Zwölf Stunden habe ich gebraucht, zweimal musste ich den Termin nach hinten verschieben. Aber am Ende hat es geklappt und wir haben gemeinsam mit Kleinhues & Kleinhues die historische Baumwollspinnerei in Dülmen in ein Gymnasium umgebaut.
Welche Rolle spielt Mut für den Erfolg des Ingenieurbüro Nordhorn?
Eine große. Die TGA ist für mich eine der mutigsten Branchen im Bauwesen. Allein aufgrund der ständigen Gesetzesänderungen müssen wir immer schnell innovative und nachhaltige Lösungen finden und umsetzen. Schon vor zehn Jahren haben wir in Münster mit der LVM eine riesige Geothermieanlage für zwei Bürogebäude installiert. Heute ist das ein Standard, aber damals haben wir Technik eingeplant, die gerade erst auf dem Markt war. Das war damals ein großes Wagnis, da mussten alle, vom Bauherrn bis zum Architekten, an einem Strang ziehen. Aber es hat sich gelohnt. Für dieses Projekt wurden wir gemeinsam mit den Architekten sogar mit dem Energiepreis des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Ein tolles Projekt, auf das ich bis heute sehr stolz bin.
Nachhaltiges Bauen ist das Thema in der Branche. Welche Rolle spielt dabei die TGA?
Die Haustechnik geht in alle Bereiche rein, um Energie effizient zu nutzen. Licht, Wasser, Wärme, aber auch neue Technologien wie E-Mobilität. Heute überlegen wir beispielsweise, wie wir einen zweiten Trafo in großen Wohnanlagen installieren, Räume energieeffizient kühlen oder Brauchwasser besser nutzen können. Das macht die TGA so spannend, wir sind überall beteiligt und haben dabei den Menschen und seine Bedürfnisse immer im Fokus. Denn nur wenn der Mensch sich wohlfühlt, erweckt er das Gebäude zum Leben.
Was sind die entscheidenden Elemente, die dazu beitragen, dass sich Menschen in Gebäuden wohlfühlen?
Es ist ein Zusammenspiel aus vielen Faktoren. Kühlung ist aktuell sicher ein wichtiges Thema, denn die Sommer werden heißer und keiner will in einem heißen Büro arbeiten. Aber auch das Licht ist ein entscheidender Wohlfühlfaktor. Bei den Münster Arkaden, einem Einkaufszentrum mitten in der Stadt, legten die Architekten großen Wert auf klare Linien und Fluchten. Die Beleuchtung haben wir daraufhin so entworfen und geplant, dass sie die klare und einheitliche Formsprache der Arkaden unterstützt. Am Ende muss das Gesamtkonzept stimmen und das geht nur, wenn wir eng mit den Architekten zusammenarbeiten. Das war und ist mir immer wichtig, bei jedem Projekt.
Und wie sorgen Sie in Ihrem eigenen Unternehmen dafür, dass sich Ihre Mitarbeitenden wohlfühlen?
In unseren Büros spielt die Raumplanung natürlich auch eine große Rolle. Ich möchte, dass die Mitarbeiter gerne ins Büro kommen. Wir achten auf gute Beleuchtung, genug Rückzugsräume und ein geschmackvolles Design. Aber Raumplanung ist natürlich nur ein Teil des Ganzen. Mir ist es wichtig, neben allem fachlichen, dass unsere Mitarbeitenden ihre Ideen einbringen können – intern, aber auch in den Projekten mit den Architekten. Deswegen ist Kommunikation für mich einer der wichtigsten Softskills, die wir auch regelmäßig schulen. Ich möchte, dass unsere Mitarbeitenden Spaß an ihrer Arbeit haben und sich auch mit ihren Ideen verwirklichen können.
Drei Jahrzehnte Gebäudetechnik liegen hinter Ihnen. Wo sehen Sie das Ingenieurbüro Nordhorn in fünf Jahren?
Mit 63 Jahren denkt man natürlich über die Zeit nach, in der man nicht mehr mit dabei ist. Unsere Büros in Münster, München, Hamburg und Berlin werden von sehr wachen Führungspersönlichkeiten geleitet, mit denen ich eng zusammenarbeite. Wir sind uns alle bewusst, dass sich die Arbeitsbedingungen in den nächsten Jahren verändern werden. Daher geht es mir primär nicht darum, in den nächsten fünf Jahren unbedingt zu wachsen, sondern eher darum, unseren Qualitätsstandard zu halten – und, wenn möglich, weiter zu verbessern. Und ich würde mir natürlich wünschen, dass auch in fünf oder zehn Jahren viele wache und motivierte Menschen in unseren Büros sitzen, die einfach Freude an ihrer Arbeit haben.